Wie sollen sich Menschen in einer Atmosphäre, die sich täglich wie ein Minenfeld anfühlt, zum Positiven verändern?
Pedro Holzhey

Hohe Mauern, ein Abschluss aus Klingendraht. Dahinter karge Betonhöfe. Der Gebäudetyp Gefängnis als Konstrukt ist immer noch jedem geläufig, obwohl man meist nur wenige Berührungspunkte damit hatte. Ob dies daran liegt, dass man hin und wieder die massiven Mauern eines städtischen Gefängnisses passierte oder aufgrund der zahlreichen Darstellungen aus Film und Fernsehen. Seit jeher ist einem das Wort ein Begriff und man besitzt eine recht klare Vorstellung, wie ein Gefängnis von Innen aussehen sollte. Das Gefängnis hält Menschen fest, die sich nicht an die Regeln der Gesellschaft gehalten haben, und somit zumindest zeitweise von dieser getrennt werden. Durch die Beeinflussung der Medien und die Positionierung der Gefängnisse fernab des Sichtbaren, blieb bei vielen ein klischeehaftes Bild hängen, das mit der Realität nur wenig zu tun hatte.
Das Wort incarceration beschreibt den Zustand des Gefangenseins, des Entzugs der Freiheit. Die persönliche Freiheit, das höchste Gut in der Demokratie, wird damit eingeschränkt, um die persönliche Freiheit und Sicherheit der restlichen Gesellschaft zu schützen. Ein ideologischer Akt. Durch den Resozialisierungsgrundsatz wurde versucht, diesen Einschnitt zu legitimieren. Um der Gesellschaft jedoch ein Bild von Sicherheit zu vermitteln, verschwanden diese Einrichtungen hinter den zuvor beschriebenen Mauern.

Prisoners are the community. They come from the community, they return to it. Protection of prisoners is protection of our communities.

In der Basis hatte das Gefängnis folgende drei Funktionen: Es soll die Öffentlichkeit schützen, die verurteilte Person bestrafen und sie zusätzlich für die Zukunft in Freiheit rehabilitieren. Letzteres hat man oft auch versucht durch Abschreckung zu erreichen. Die Erreichung einer abschreckenden Wirkung wurde jedoch bereits damals stark angezweifelt, da dadurch die Wirksamkeit der Rehabilitierungsmaßnahmen reduziert wurde und die straffällige Person meist davon ausging, beim nächsten Mal nicht erwischt zu werden.
Die höchsten Richter in Karlsruhe hatten im Jahr 2006 festgestellt, dass Resozialisierung den besten Schutz vor neuen Straftaten biete. Fest steht, dass damals etwa 96% der Inhaftierten nach Absitzen ihrer Gefängnisstrafe wieder in Freiheit gelebt haben. Der Sicherheit der Allgemeinheit wäre also am besten gedient, wenn die Resozialisierung erfolgreich ist.
Das Gefängnis und ebenso die dort zu verbüßende Freiheitsstrafe sind entwickelt worden, um zu vergelten. Die Legitimation der negativen, fast schon zerstörerische Folgen, die daraus entstehen, begründet sich durch den altertümlichen Kerngedanken in der Entstehung. Wer entgegen den Normen der Gesellschaften handelt, muss bestraft werden. Da körperliche Sanktionen oder gar die Todesstrafe meist bereits als inhuman galt, übernahm man den Entzug der Freiheit als Sanktionsmittel. Man nimmt der gefangenen Person ihren freien Willen, die Selbstbestimmung und das grundlegende Recht auf Freiheit.

A prison sentence means intentionally inflicted suffering. It is not an error or a side effect (...) of an otherwise positive action.

Trotz der in den 2020er Jahren humanen Grundsätze und Entwicklungen sowie ständiger Reformen, hat sich der vergeltende Grundcharakter nicht aus der Institution verabschiedet.
Die angestrebten Ziele der Institution Gefängnis waren der Schutz der Gesellschaft, Abschreckung potentieller Straftäter und eine Art Generalprävention, da viele aus Furcht vor Strafe gar nicht erst in Versuchung gerieten, eine Straftat zu begehen. Ein wesentliches Ziel war jedoch die Bestrafung und gleichzeitige Resozialisierung. Gerade letzteres konnte in der damaligen Institution Gefängnis so nicht mehr umgesetzt werden, weil der Strafcharakter überwog. Auch durch eine kriminelle Tat, darf eine Person nicht ihre Rechte oder ihren Platz in der Gesellschaft verlieren.
Die Debatte wurde international relevant, obwohl anzumerken ist, dass die Standards von Land zu Land abwichen. Die Aberkennung der Menschenrechte bei Strafantritt blieb allerdings permanent erhalten.
Da die Institution Gefängnis die Ziele des Strafvollzugs nicht erreichte, ereignete sich Mitte der 2020er Jahre der Paradigmenwechsel: Strafe verhindert Besserung des Verhaltens und der Situation, die das Verhalten begründet.
Um die lang überfällige Entwicklung nachvollziehen zu können, müssen die Probleme der Institution, wie sie zuvor bestand, erläutert und die Grundpfeiler der Verbesserung, sowie die Humanisierung der Reaktion auf Delinquenz aufgezeigt werden. Postprison beschreibt eine neue Epoche des Umgangs mit Kriminalität, Prison die vorangegangene Situation.
Um die unerreichten Ziele und negativen Auswirkungen einer Freiheitsstrafe, beziehungsweise den Aufenthalt im Gefängnis auf Täter:innen und die Gesellschaft zu beenden, mussten sie zuerst als solche definiert werden. Zu differenzieren ist dabei zwischen den Charakteristika, die ein Gefängnis ausmachte, sowie den zwangsläufig daraus resultierenden Strukturen.

former functions & impact

Negative Charakteristiken der Institution Gefängnis sind bedingt durch die mehrere Faktoren: Während der Strafcharakter und die Abschreckung sich direkt negativ auf die Gefangenen auswirken sollten, sind die wirtschaftlichen Faktoren, die Züge der totalen Institution und die der Überwachung eher Folgen aus dem System. Aus diesen Begebenheiten entwickelten sich Machtungleichheiten, ein fruchtbarer Boden für rassistische und sexuelle Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung. Hinsichtlich der Tendenz, dass der Großteil aller Gefangenen nach einer gewissen Zeit wieder in Freiheit leben würden, ein sehr widersprüchlicher Fakt.

Die Charakteristiken des Strafvollzugs wirken sich in stark negativer Form auf die Personen, die daran Teil haben, aus. Die Auswirkungen machten Täter:innen zu Opfern des Systems und begrenzten die Möglichkeiten, wieder Anschluss an das gesellschaftliche Leben zu finden. Die Institution Gefängnis ist an der Erreichung ihrer Ziele gescheitert und kann daher nicht weiter existieren.
You cannot teach people to be free in captivity.

To punish means to intentionally inflict pain upon nrm breakers and to make them suffer for what they did. The deeper motive of punishment might be vengeance or retribution, but the social function is always thestabilization of the normative order in the face of threats to the validity of norms occasioned by their violation.

Strafe galt seit Jahrhunderten als das geläufige Mittel, um mit unerwünschtem Verhalten umzugehen. Sie kann dabei unterschiedliche Zwecke verfolgen: einerseits straft sie durch Verlust der Macht, also durch Repression und Kontrolle, andererseits stellt sie einen symbolischen Akt dar, der den Regelbruch und die daraus entstandenen Verletzungen korrigieren soll. Sie stellt damit eine Form der Vergeltung dar, soweit der vorherige Zustand durch die Strafe nicht erreicht werden kann.
In der Natur des Gefängnisses ist die Strafe fest verankert und lässt sich nicht davon lösen. Auch wenn sie seit der Aufklärung und besonders im 20. Jahrhundert durch die Resozialisierung modernisiert und akzeptabler gemacht wurde, blieb die Strafe überzogen, da sie sich nicht nur auf die körperliche Freiheit bezieht. Sie erteilt Leiden, aber verbessert die Gesellschaft nicht. Sie wird von der Gesellschaft aber hingenommen, weil sie vom Staat erteilt wird.

It is intolerable that the penal justice system practically functions only as a kind of „dispenser of suffering“. To inflict pain, even to the author of a massacre, is useless because it does not contribute in any way to the improvement of society.

Die Überzogenheit zeigt sich zudem durch die automatische Bestrafung Dritter. Partner oder Kinder, die bei einem Haftantritt zurück gelassen wurden, hatten meist mit Konsequenzen, wie der materiellen Unsicherheit oder der Stigmatisierung, zu kämpfen.

Until the punitive paradigm of the criminal justice system is replaced with one of rehabilitation, familiar humiliations will be housed in different spaces.

Es wurde klar, dass ohne die Abwendung von der Strafe, niemals ein positiver Effekt im Umgang mit Delinquenz erreichbar ist. Nach Psychologischen Erkenntnissen ist Strafe allgemein menschenfeindlich und grundsätzlich mit einem inhumanen Menschenbild verbunden.

Der Begriff der totalen Institution wurde in den 60er Jahren durch Ervin Goffman eingeführt und hat sich im Anschluss schnell als Fachbegriff in der Soziologie durchgesetzt. Er beschreibt einen Raum, der zumindest für eine gewisse Zeit von der restlichen Gesellschaft getrennt ist und eigenen, von der Außenwelt losgelösten, strikt geplanten Abläufen folgt. Die Tätigkeiten, die innerhalb der Institution ausgeführt werden, dienen einzig dem Ziel sie auszuführen. Totale Institutionen sind gekennzeichnet von stark ausgeprägten hierarchischen Strukturen und daraus entstehenden Subkulturen, so wie im Gefängnis.
Die totale Institution arbeiten gegen das Individuum, da sie versucht, die breite Masse zu beeinflussen.

Eng verbunden mit der Charakteristik der totalen Institution bedeutet das Gefängnis permanente Überwachung bedingt durch das Sicherheitsbedürfnis für die Unterbringung von mehreren hundert Inhaftierten aufwärts. Dieses Grundprinzip des Gefängniskomplexes, den Drang alles und jeden innerhalb zu kontrollieren, verursacht zum einen ein immenses Aufkommen an Sicherheitskontrollen und Personen, die diese durchführen. Im Kapitel Panoptismus wird darauf näher eingegangen.
Um die Kontrolle erfolgreich umsetzen zu können und das Uhrwerk am laufen zu halten braucht es wiederum detaillierte und konsequent durchgeführt Zeitpläne, die wiederum eine extreme Monotonie verursachen.

Die Häftlinge werden jeden Morgen geweckt, bekommen Vollpension, haben nur gleichgeschlechtliche Kontakte. Alles ist reglementiert, die totale Kontrolle. Was sie lernen, befähigt sie in erster Linie zum Überleben im Knast. Wenn sie entlassen werden, sollen sie dann plötzlich Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Wie soll das funktionieren?

Auch das Gefängnis muss finanziert werden. In den 2020er Jahren wurde pro Person in Haft ca. 140€ pro Tag im europaweiten Schnitt. Da diese Kosten von Steuergeldern finanziert werden - immerhin entgegen der (Teil-)Privatisierung, die zu Kapitalmaximierung auf Kosten der Inhaftierten ausgetragen worden wäre -, besteht selbstredend ein Interesse, die Kosten möglichst gering zu halten. Im Gegensatz zu beispielsweise Schulsanierungen, rückten Investitionen von Justizvollzugsanstalten trotz unbedingter Notwendigkeit oft in den Hintergrund. Der Wirtschaftsgedanke steht in direktem Kontrast mit der Entfaltung von Individualität, da darauf in solch großem Maßstab keine Rücksicht mehr genommen werden kann.

Der abschreckende Charakter, der ebenso, wie die anderen Faktoren unabdingbar am Gefängnis fixiert ist, bedingte ebenso negative Auswirkungen. Noch dazu bewiesen die Rückfallquoten in Deutschland, dass Abschreckung nicht sinnvoll ist.

Most people who refrain from problematic conducts do so for reasons unconnected to the penal law.

Mit dem Bau von Gebäuden eine abschreckende Wirkung erzielen zu wollen, ist ebenso sinnlos und hat in der Folge eher negative Auswirkungen auf Heilung und Resozialisierung. Dient die architektonische Ausarbeitung dennoch einem solchen Zweck, so führt sie lediglich zur Förderung eines ungesunden Klimas und gewalttätigen Verhaltens. Zudem existierten keinerlei Studien für den Erfolg durch Abschreckung.

Auch wenn der Heilungsprozess und die Resozialisierung ab circa 1949 in den Vordergrund rückte, so verschwand sie im Laufe der Zeit wieder im Schatten des Strafens. Die Idee der Rehabilitierung habe dem Wunsch nach Vergeltung weichen müssen, die Praxis der Therapie sei durch die der Wegsperrung ersetzt worden, so auch Ramsbrock in ihrem 2020 erschienen Buch Geschlossene Gesellschaft.
Die Bestrafung als Erziehungsmethode gilt in der Soziologie ohnehin weder abschreckend, noch bessernd. Die Techniken der Erziehung erfuhren einen Wandel in die antiautoritäre Richtung.
Dass die Strafe einer Resozialisierung nicht zuträglich ist, liegt in der Gesamtheit ihrer negativen Auswirkungen begründet. Sie spricht dem Bestraften das Potential zur Besserung und Heilung von vorneherein ab. Es drängt sich die Frage auf, wie eine Besserung der Situation eintreten kann, wenn die Resozialisierung unter solch negativen Vorzeichen beginnt.

Auch verurteilte Straftäter:innen sollten ihre Würde und ihre verbrieften Menschenrechte nicht verlieren, auch nicht während des Fristens einer Strafe. Dies war durch den überzogenen Strafcharakter im Gefängnis nicht mehr möglich.

The idea of imprisonment ist not to drive the culprit into desperation, deprivation, and destruction.

Der überzogene Strafcharakter vermittelt nicht die Werte einer freien und demokratischen Gesellschaft. Er verursacht Zwangsarbeit, ist nicht wirtschaftlich vollziehbar und trägt zur Verschlechterung des Lebens unschuldiger Dritter bei.

It would be an act of honesty to rename prison institutions as houses for the poor.

Personen, die eine Freiheitsstrafe antreten, kommen meist aus den unteren, armen Schichten der Gesellschaft, besitzen einen geringen Bildungsstand und es herrscht eine höhere Arbeitslosigkeit. Viele Verbrechen sind durch Armut begründet, weil ein andere Lösung ausweglos scheint. Dadurch entsteht eine stärkere Verbindung zwischen Armut und Gefängnis, als zwischen Gefährlichkeit und Gefängnis. So, wie die Gefängnisstrukturen und -regularien bestanden, begünstigten sie die Armut der Personen während der Haft und nahmen ihnen die Möglichkeit in ein Leben ohne Armut zurückzukehren. Das Fehlen oder der Verlust einer Krankenversicherung und einer adäquaten Altersvorsorgen verstärkt diese soziale Diskriminierung erheblich.
Besonders in den Vereinigten Staaten wurde der Rassismus in Haftanstalten sehr deutlich. Viele der Gefängnisse sind aus ehemaligen Sklavenfarmen entstanden und die Gefängnispopulation bestand zu 33% aus Schwarzen, während sie nur 12% die Gesamtpopulation der Vereinigten Staaten ausmachen.
Auch innerhalb der Gefängnisse waren Diskriminierung und Rassismus an der Tagesordnung. Darauf wird unter dem Punkt „Subkultur“ stärker eingegangen.

Bestrafung bedeutet Hierarchie: Die dominante Instanz sanktioniert die devote Partei und kann dies nur aufgrund dieser Rangordnung. Das Machtgefälle ist in der Institution Gefängnis omnipräsent.

The prison system is geared up to divide. It’s controlling and terrifying, and ends up encouraging more division.

In den meisten Fällen liegen Gewalttaten oder sexueller Gewalt Machtungleichheiten oder objektivierende soziale Strukturen zugrunde. Personen aus derartigen Sozialstrukturen sind auch im Gefängnis nicht in der Lage, diese nicht mehr anzuwenden. Isolation und Demütigung tragen zur Machtungleichheit weiter bei und verstärken das Machtgefälle. Eine Person, die permanent unausgeglichenen Machtverhältnissen ausgesetzt ist, wird diese auch immer auf andere anwenden.
Viele (Gewalt-)Verbrechen passieren zum Etablieren von Macht. Allgemein entstehen durch die sozialen Strukturen soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten. Kriminalität passiert in allen Gesellschaftsschichten, Nationalitäten und in jeder Nachbarschaft, obwohl das Lösen von (wirtschaftlichen) Problemen abhängig von Alter, Geschlecht und wirtschaftlichem Status variiert, genau wie die Schwere dieser Probleme. Gleich bleibt nur die Basis an Werten, durch die illegale Optionen den legalen vorgezogen werden.
The dominant culture is the predominant key to crime.
Nur die potentielle Veränderungen der Sozialstrukturen innerhalb der Gesellschaft kann die Vorkommnisse der Kriminalität langfristig reduzieren.

Mit dem 13. Zusatzartikel zur Verfassung der USA wurde dort die Sklaverei abgeschafft - mit Ausnahme für Personen, die eine kriminelle Tat begangen haben. Obwohl es diese Klausel in Europa nicht gibt, herrschten in den europäischen Haftanstalten jedoch ebenfalls erzwungene Arbeitsverhältnisse vor. Dem Häftling war eine bestimmte Arbeit mit enorm niedriger Bezahlung vorgeschrieben.
Bereits in den 1960er Jahren gab es Bestrebungen, einen an den Mindestlohn angepassten Arbeitslohn, der es ermöglichte beispielsweise in die Rentenversicherung einzuzahlen, einzuführen. Diese Entwicklung geriet jedoch in Vergessenheit.
Weitere motivierende Faktoren wie beispielsweise eine gewisse zeitliche Freizügigkeit bei der Ausübung der Arbeit wurde zugunsten von Sicherheitsvorkehrungen nicht gewährt. Dadurch entstand ein Teufelskreis: Die häufigste Ursache für Kriminalität, nämlich die Armut, kann mit geringen Löhnen nicht überwunden werden. Noch dazu wird der Eindruck übermittelt, dass legale Arbeit sich nicht lohnt.

Die Subkultur ist ein kompliziertes Konstrukt, das mit dem System Strafvollzug untrennbar verwoben ist. Wo Unfreiheit herrscht, wird es immer einen mächtigen Drang nach Freiheit geben. Nach allem, was verboten ist.

In Haftanstalten wurde von einer Schule der Kriminalität gesprochen, so Manuel Matzke, der Vorsitzende der GG/BO. Das Gefängnis fördert Angst und Kriminalität und schafft einen fruchtbaren Boden für Subkulturen, die für eine ganz eigene Dynamik unter den Gefangenen sorgt. Es entsteht eine Eigendynamik der Kontrolle unter den Inhaftierten durch erzwungene Verhaltensweisen und Waren- und Drogenhandel. Trotz hoher Sicherheitsstandards und Abschottung von der Außenwelt gelangten immer wieder Sucht- und Betäubungsmittel ins Innere, die dem Ziel der Rehabilitierung entgegen wirken.
Darüber hinaus wird während einer Freiheitsstrafe die Sexualität des Gefangenen durch erzwungene Enthaltsamkeit unterdrückt. Zwangshomosexualität, Vergewaltigung und Verstärkung der Machtgefälle innerhalb der Subkulturen stellen ein häufiges Ventil für diesen künstlich erzeugten Druck dar.

Für die einen ist das Gefängnis ein Garant für Sicherheit, für die anderen stellt es die Institution dar, die Gerechtigkeit schafft, und wieder andere sehen in ihm eine Resozialisierungschance. In jedem Fall verspricht das Gefängnis die Erfüllung vieler Wünsche, die man an den Rechtsstaat haben kann, und beruhigt viele Ängste. Was das Gefängnis in Wirklichkeit bewirkt oder überhaupt bewirken kann, spielt dabei keine große Rolle.

Sicherheit bedeutet materielles und seelisches Wohlbefinden, Vertrauen in die Zukunft und die Freiheit von Furcht. Jeder Mensch hat ein Grundbedürfnis danach, und dies zu gewährleisten, macht sich jede Regierung (unabhängig von den Mitteln) zur Aufgabe.
Die Sicherheit, die das Gefängnis symbolisiert, ist durchaus ein wichtiger Faktor für die Gesellschaft. Das Wegsperren von Kriminellen bedeutet, dass sie dem Alltag entzogen sind und keine unmittelbare Gefahr mehr darstellen. Dabei wird häufig vernachlässigt, dass die meisten Strafgefangenen irgendwann wieder entlassen werden. Was aber oft vernachlässigt wurde, war die Tatsache, dass nahezu alle Gefangenen irgendwann wieder in Freiheit leben werden.
Es handelt sich also lediglich um eine scheinbare Sicherheit, die in Kauf nimmt, dass Strafgefangene sich mit den zuvor beschriebenen Faktoren und Zuständen konfrontieren müssen.

Die Isolation von Gefangenen hat sich in keiner Weise als effizient oder praktikabel erwiesen. Man kann mutmaßen, dass sie sogar zur Folter gedacht ist. Die Notwendigkeit der logistischen Abschottung wird mit der potentiellen Fluchtgefahr begründet. Sie dient aber auch der Unsichtbarmachung gegenüber der Gesellschaft.
Zur Folge hat sie tatsächlich nur die Entfremdung vom sozialen Umfeld und eine Abkehr vom normalen Leben. Abschottung geht über in komplette Überwachung und Kontrolle.
Fluchtversuche, Gewalt und Drogenkonsum erhöhen die Bemühungen zu noch stärkerer Abschottung und verursachen hohe Personalkosten und Kosten für Sicherheitsvorkehrungen. Die daraus entstehenden stark reglementierten Abläufe schränken die Selbstbestimmung der Gefangenen weiter ein.

In den USA hatte sich auch der Begriff prison industrial complex etabliert. Es beschreibt die zunehmen Privatisierung von Gefängnissen zur Gewinnmaximierung. Dadurch wurde das Interesse von beispielsweise Hersteller:innen von Electronic Monitoring-Systemen verstärkt, dass möglichst viele Menschen zum Tragen von elektronischen Fußfesseln verurteilt werden. Der prison industrial complex profitiert von der Ausnutzung der Gefangenen. Für diese Praxis wurde der Begriff „human-warehousing“ verwendet. Zunächst nur für die Unterbringung alter Menschen in einer Pflegeeinrichtung gedacht, beschreibt er auch die logistische Verwahrung von Menschen in einem industriell genutzten Gebäude. Diese (Teil-)Privatisierung resultierte in voll ausgelasteten Gefängnissen, die nur so profitabel zu führen waren.

After a period of detention incarcerated individuals who were unemployed before, become unemployable.

Das Verbüßen einer Freiheitsstrafe bedeutete immer auch Stigmatisierung des Gefangenen. Nach der Strafe eine Arbeit zu finden, wurde dadurch erheblich erschwert. Dies aber trug zur Erhöhung der Rückfallquote bei, da ohne Arbeit wieder die Armut drohte. Vorurteile gegenüber ehemaligen Strafgefangenen mussten erst in der Gesellschaft abgebaut werden, damit ehemaligen Strafgefangenen eine zweite Chance gegeben werden konnte.